Die NOZ schreibt am 20.01.2020: "Nach der Laga zurück auf Null? Bad Iburger Akteure kämpfen für den Status Kneippkurort"

Mit ihrer Landesgartenschau vor zwei Jahren haben die Iburger sich selbst wohl am meisten überrascht. Der vielzitierte "neue Zauber" ergriff selbst frühere Kritiker der Großveranstaltung. Was ist davon geblieben in dem Jahr, in dem man sich entscheiden muss: Will Bad Iburg seinen Status als Kneippkurort behalten oder nicht? Eine Klausurtagung der Stadt mit der Politik am vergangenen Freitag wurde kurzfristig abgesagt: Kein Interesse. Und jetzt?

Seit Oktober beschäftigt man sich am Dörenberg intensiv mit der Frage der Rezertifizierung, unter anderem in zwei Workshops mit ausgewählten Akteuren wie dem Marketingverein BIM, den Kliniken, der Mittelstandsvereinigung, Gastro Aktiv, IHK, Terra-Vita, Tourismusverband Osnabrücker Land, Kneipp-Verein und vielen anderen sowie dem Stadtrat. Das Hamburger Büro Project M leitet und moderiert den Prozess.

Wer gibt wie viel aus?

Es hat interessante Zahlen recherchiert: Ein Viertel aller Übernachtungen entsteht in Heilbädern und Kurorten. Wer als Gesundheitstourist kommt, gibt pro Übernachtung 145 Euro aus, 19 Prozent mehr als der normale Übernachtungsgast. Noch größer ist die Differenz bei Tagestouristen. Gesundheitstouristische Tagesgäste lassen 113 Euro im Ort, normale 25. Was Bad Iburg in diesem Wettbewerb fehle, sei die klare Positionierung als Kneippkurort, findet Project M.

Dieses Bekenntnis fehlt auch den örtlichen Verbänden und Interessenvertretern, die ihre Gedanken und Bedenken jetzt in einem Brief an den Rat formulierten. Mit dem Status Kneippkurort werde das in den vergangenen 50 Jahren aufgebaute Image weiterentwickelt, sind sie überzeugt. "Damit kann bei konsequenter Umsetzung eine klare Profilierung der Stadt Bad Iburg im Kontext der Städte und Gemeinden im Landkreis Osnabrück durch Aufrechterhaltung der Bäderkooperation erreicht werden. Verbunden mit dem Image-Gewinn können auch klare wirtschaftliche Vorteile erreicht werden." Der Verzicht dagegen werde höchst negative Folgen auf die Stadtentwicklung haben, fürchten die Verfasser des Briefs. Zudem drohe die Rückzahlung von Fördergeldern.

Entwicklungschance für den Ort

Hans Tovar vom Förderverein für die Laga ist sicher: "Kneippkurort zu sein ist nicht nur Marketing für Kneipp, sondern eine Entwicklungschance für den ganzen Ort. Wir haben ein Leitbild entwickelt, das ist eine gute Grundlage und der einzige Weg, sich abzuheben."

Zur Landesgartenschau war die Lehre Sebastian Kneipps in den Fokus der Macher gerückt. Behutsam hatten sie die alte, aber höchst aktuelle Lehre entstaubt. Die Frischzellenkur unter dem Motto "Kneipp cool" umfasste Waldbaden, Wasseranwendungen – nicht nur im Kneipperlebnispark, gesunde Ernährung, Bewegung und Balance und viele Angebote mehr.

Erste Bio-Medizin

1967 war Iburg Kneippheilbad geworden. Der Heilbad-Status ging 2010 verlustig, Kneippkurort blieb die Stadt. Soll damit 2021 nach 54 Jahren Schluss sein? Die Kaufmannschaft meint: Nein. Sie sieht Kneipp als Marke, ein Profil, das Bad Iburg nicht nur das Privileg der Sonntagsöffnung beschere: "Tagestourismus kann jeder", sagte Jörg Eustergerling vom BIM. "Wir haben schon viel für Kneipp getan und möchten noch mehr tun." Dabei sei es hilfreich, die fünf Säulen der Kneipp'schen Lehre statt ihrem Erfinder hervorzuheben. "Denn die sind hochaktuell", so Hagen Sundermann vom Laga-Förderverein. Davon ist auch Badearzt Dr. Vincenz Nowak überzeugt: Leider fehle dem Rat offenbar das Interesse an Kneipps Lehre, für Nowak die erste Bio-Medizin: "Kneipp ist Gesundheit für Jedermann, ohne viel Geld, ohne Medikamente, teure Geräte und medizinische Spezialisten."

"Wir haben einen Schatz"

Heinz-Ludwig Eichholz (Gastro Aktiv) erinnerte an das Bäderquartett im Osnabrücker Land: "Bad Rothenfelde hat die Kliniken, Bad Laer den Privattourismus, Bad Essen ist Slow City. Ohne Zertifizierung stünden wir schlecht da." Er forderte ein klares Bekenntnis von Politik und Verwaltung zum Kneippkurort und machte ihnen Mut: "Wir müssen Erlebnisse für drei bis vier Tage schaffen. Das können wir. Wir haben einen Schatz, aber ein Riesenmanko im Marketing." Mit Fahrrad- und Wanderwegen, Kureinrichtungen, Baumwipfelpfad und Waldkurpark sei eigentlich alles vorhanden: "Es fehlt, dass wir selbst überzeugt sind von dem, was wir haben."

Eustergerling würde den Blick ausweiten: "Wir haben selbst viel, müssen aber auch die Region einbeziehen: Auch mit dem Carpesol in Bad Rothenfelde, der Salzgrotte in Bad Laer, Einkaufsmöglichkeiten in Osnabrück, Münster oder Bielefeld geben wir Anlass, nach Bad Iburg zu kommen." Es geht auch ohne Gesundheitszentrum Nach Angaben des Projektbüros wäre die Rezertifizierung Iburgs auch ohne funktionierendes Gesundheitszentrum möglich. "80 bis 90 Prozent aller Voraussetzungen sind erfüllt", betonte Rainer Klewin vom Laga-Förderverein. Leider fehle der Antrieb, ergänzte Tovar. "Und unsere Ehrenamtlichen werden in ein oder zwei Jahren nicht mehr zu motivieren sein." "Wir sind bereit, Kneipp neu zu denken", versprach Matthias Partetzke (Laga-Förderverein). Das Motto "Jetzt lasst uns endlich mal durchatmen" funktioniere jedenfalls nicht, mahnte Klewin. Deshalb suchen die Verbände den Schulterschluss mit Rat und Verwaltung.

So geht es weiter

Am 29. Januar will die Stadt die Ergebnisse der Leitbilddiskussion vorstellen. Einen Tag später berät der Tourismusausschuss über die Varianten. Der Ratsbeschluss, Basis für das künftige Leitbild, soll am 27. Februar gefasst werden.

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